Was ist Energetik?

Energetik aus wissenschaftlicher Betrachtungsweise

Für Ostwald war Energetik und Selbstheilung die Fortsetzung von Physik, Chemie, Biologie und Medizin.

Friedrich Wilhelm Ostwald (1853-1932) war Chemiker, Philosoph, Soziologe, Wissenschaftstheoretiker und -historiker. 1901 erwähnte er erstmals in einer Vorlesung sein Konzept der „Energetik“ und stieß auf Überraschung und Erschütterung der Kollegen und Kolleginnen der exakten Naturforschung.  Ostwald prägte die energetische Weltanschauung wie kaum jemand und er berief sich dabei auf damalige evidenzbasierte Gesetzmäßigkeiten zu Energie und ihren Umwandlungen.
 Er war der Ansicht, dass Energie das ganze Universum bildet und zusammenhält und dass demnach auch Materie im Grunde nur Energie sei. Diese These wurde später durch Albert Einstein (1879-1955) mit einer mathematischen Formel unterstützt, in der er die Äquivalenz von Energie (e) und Masse (m) unter Einbeziehung der Lichtgeschwindigkeit ausdrückte, e = mc2.

Die Untersuchung der Selbstheilungskräfte, auch „Autokatalyse“ bezeichnet.

In der „Energetik der Psyche“ beschreibt Ostwald die selbst regulierende, biologische Fähigkeit des Menschen als eine Art Energieumwandlung. Der Körper soll in der Lage sein, seine Energieversorgung in den verschiedenen Systemen, wie z.B. in dem des Nervensystems, eine Energieversorgung und -nutzung auf natürliche Weise selbst zu regulieren, indem er auf vorhandene Energievorräte zurückgreift. Dies passiert vorrangig um Bedürfnisse zu decken. Gleichzeitig wird dabei die Energiezufuhr aus der Umwelt in ein Gleichgewicht mit den inneren Prozessen gebracht. Dieser Mechanismus ist eng mit Empfindungen, Wahrnehmung, sowie Gedanken und Gefühlen verbunden und beeinflusst daher auch die Psyche.

Ostwald beschrieb diesen Prozess als „Autokatalyse“. Durch Umwandlung freier Energie der Umwelt soll sich der Organismus in einem Gleichgewicht halten können, was auch als „Fließgleichgewicht“ bezeichnet wird. Dieses Reizantwort-Prinzip bezeichnete Ostwald als „Überheilung“ und als biologisches Urphänomen. Mit Ostwalds Forschung ist ein Erklärungsansatz entstanden, der auf wissenschaftlichen Disziplinen basiert und eine Verbindung zwischen geistigen und emotionalen Vorgängen und der physischen Selbstheilung zum Ziel des Gleichgewichts herstellt. 

Für Ostwald war Energetik und Selbstheilung die Fortsetzung von Physik, Chemie, Biologie und Medizin.

Auch Wilhelm Reich (1897-1957), ein amerikanischer Arzt, Psychoanalytiker, Sexualforscher und Soziologe, untersuchte das Konzept von körpereigener Energie. Er gilt als Pionier in der wissenschaftlichen Erforschung zwischen Emotionen und dem Körper. Bei mikroskopischen Untersuchungen fand er Objekte, die als Übergangsstufen zwischen lebloser und lebender Substanz agierten. Reich nannte diese als Energiebläschen vorkommende Substanz später in seiner Arbeit „Bionen“. Dies führte ihn schließlich zur Erkenntnis der „Orgon-Energie“, oder auch „Lebensenergie“ genannt.

Er arbeitete eng mit Sigmund Freud  (1856- 1939) zusammen und entdeckte das Konzept der „Panzerung“, welches Reich als chronisch muskuläre Verkrampfung verstand. Freud und Reich sahen dahinter die Ursache in der Verdrängung frühkindlicher Unterdrückung, beziehungsweise Nicht-Befriedigung oraler, analer oder genitaler Bedürfnisse.

Psychische Auswirkungen sollten sich laut Reich und Freud in körperlichen Verhärtungen darstellen.

Was ist die Lebensenergie?

Energetik aus geschichtlicher Perspektive

Die im Körper inne wohnende Kraft wird als „Lebensenergie“, „Urkraft“, „Qi“, oder „Prana“ bezeichnet.

Die traditionelle chinesische Medizin stammt aus der Zeit des Daoismus. Daoismus entstand aus dem vorherrschenden Konfuzianismus und dem Buddhismus und beschreibt die allumfassende Harmonie des Universums. Dao bedeutet übersetzt „Weg“ und stellt den Menschen, die Natur und den Kosmos in ein Ordnungssystem. Diese Weltanschauung geht von zwei polaren Kräften aus, auf denen die gesamte universelle Ordnung basiert: Yin und Yang. Die Urkraft allen Lebens wird als Qi bezeichnet.
Diese fließe in einer Balance zwischen Yin und Yang. 

Die TCM geht davon aus, dass die Grundkraft des Lebens, Qi, und seine Balance im menschlichen Körper für Gesundheit und Wohlbefinden zuständig ist. Chakren stellen die Hauptenergiezentren dar, durch die die Energie fließt. Die Kanäle zwischen den sieben Haupt-Chakren werden als „Meridiane“ bezeichnet.

Auch in Indien gab es ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. eine Hochkultur mit Theorien über Materie. Die bedeutendste dieser war die Fünf-Elemente-Lehre. Sie besagt, dass die stoffliche Welt aus Erde, Wasser, Feuer, Luft und dem Äther besteht.
Ayurveda“ stammt aus dem Sanskrit, der altindischen Sprache und bedeutet übersetzt „das Wissen vom Leben“. Ayurveda bildet die Medizin und Heilkunst aus dem Indischen. Diese Lehre geht davon aus, dass körperliches oder seelisches Ungleichgewicht Krankheiten verursacht. Die im Körper vorhandene Kraft, Prana genannt, bildet dabei die Grundlage für Gesundheit, allgemeines Wohlbefinden sowie Lebensfreude und Vitalität.  

Die traditionelle europäische Medizin entstand unter anderem aus den Lehren von Hippokrates. Alles hat in der Antike mit dem Versuch das Leben und die Medizin auf wissenschaftliche Weise zu erklären, begonnen. Die Ordnung der Welt wurde als „Logos“ bezeichnet und ist das Ergebnis eines instabilen Gleichgewichts zwischen den Elementen: dem Feuer, dem Wasser, der Luft, der Erde und dem Äther.

Bis zum Mittelalter basierte die Medizin in Europa auf der hippokratischen 4-Säftelehre der antiken Ärzte. Paracelsus, im echten Namen Theophrast Bombastus von Hohenheim (1493 – 1541 n. Chr.) stammt aus der Schweiz und folgte seinen Vorgängern in der Anwendung der Humoralpathologie und erweiterte diese. Er stellte die Medizin wieder in einen kosmologischen Kontext. 

Die Veränderung von Stoffen war schon seit Aristoteles in der Antike Teil der Forschung über Atome und Elemente. In der Alchemie bzw. Spagirik kommen Vermengungs- und Veränderungsverfahren zum Einsatz. Dadurch soll der Äther eines Stoffes herausgelöst werden und die Selbstheilungskräfte dadurch aktiviert werden, sodass die Krankheitsursache gelöst wird.

Paracelsus war der Ansicht, „der äußere Arzt beginnt erst, wenn der innere unterliegt, verzweifelt und ermüdet.“ (Paracelsusmedizin.2008)